Im Kolonialwarenladen im Lauschhaus, LWL-Freilichtmuseum Detmold, sind die Kund*innen aufgefordert, gut vorbereitet zum Einkauf zu erscheinen. Zucker, Waschpulver und Kaffee-Ersatz sind dort gerade im Sortiment, natürlich (und) unverpackt – Moment, Kaffee-Ersatz? Ja, hier geht es um historische Zustände, die aber noch nicht so lange zurückliegen. Die meisten Besucher*innen nehmen erst einmal eine „Schlickertüte“ mit, schließlich möchten sie beim Museumsrundgang nur einen kleinen Energieschub und nicht den Wocheneinkauf erledigen. Doch gerade Bonbons, Gummibärchen und Bruchschokolade bieten sich auch in modernen Unverpackt Läden als „Einstiegsdrogen“ beim ersten Einkauf an. Denn die Erinnerung aus Kindertagen, als im Kiosk ums Eck die süßen Leckereien noch direkt von der Hand in den Mund wanderten, sind vielen noch gegenwärtig. Inzwischen ist das Konzept der UnverpacktLäden auch in OWL angekommen. Auffallend häufig werden diese Geschäfte von Frauen geführt.
Immer mehr Verpackung
Das Thema Lebensmittelverpackung steht heute im größeren Kontext von Fragen nach endlichen Ressourcen, Nachhaltigkeit, Recycling und Umweltverschmutzung. Während einige die Fastenzeit vor Ostern nutzten, um statt auf Fleisch, Alkohol und Süßigkeiten einmal auf Kunststoff im Alltag zu verzichten, engagieren sich andere bei der Aktion „Plastikfreier Juli“ .
Wieder andere boykottieren den Kauf von Bananen oder Mandarinen im Supermarkt, die – vermeintlich praktisch – bereits geschält, dann aber in reichlich Plastik verpackt wurden. Neben Berichten über riesige, in den Weltmeeren treibende Plastikinseln gibt es Meldungen, dass nun bereits im deutschen Leitungswasser Mikroplastik nachgewiesen werden konnte. Zuletzt ist zwar der Verbrauch von Plastiktüten beim Einkauf von 45 Stück pro Kopf im Jahr 2016 auf 29 Stück im vergangenen Jahr, dank mitdenkender Kunden, zurückgegangen. Dennoch bemerken viele Verbraucher*innen , dass mehr Obst und Gemüse verpackt angeboten wird. Gleichzeitig wird mit aufwendigen Produktverpackungen das Reduzieren des Inhalts verschleiert.
Plastikmüll vermeiden
Einen Gegentrend hierzu setzen die Unverpackt bzw. verpackungsfreien Läden, die ihr Warensortiment lose anbieten. Die Kund*innen können die benötigte Menge in eigene, mitgebrachte oder vor Ort angebotene, mehrfach verwendbare Behältnisse abfüllen. Das Ziel ist, Verpackungs- und besonders Plastikmüll zu vermeiden und außerdem Lebensmittelverschwendung zu umgehen. Denn es wird ausschließlich so viel kauft, wie tatsächlich verbraucht wird. Meist achten die Inhaber*innen zudem auf die Saisonalität und den biologischen Anbau ihrer Waren und kooperieren mit regionalen Lieferant*innen.
Einfach auf den Wochenmarkt
In der Bundesrepublik folgte auf den ersten, 2014 gegründeten Laden in Kiel „Unverpackt – lose, nachhaltig, gut“ dann in Berlin „Original Unverpackt“ als erstes Projekt dieser Art, das sich durch Crowdfunding finanzierte. Inzwischen gibt es in vielen Großstädten diese neuen, inhabergeführten Geschäfte, zudem ziehen bestehende Bio-Supermärkte mit Unverpackt-Regalen nach. Wer sich auf das Abenteuer des unverpackten Einkaufs begibt, wird für einzelne Waren auch andernorts fündig, beispielsweise direkt beim Kaffeeröster, in ethnischen Läden wie dem Asia-Markt, beim türkischen Gemüsehändler oder ganz einfach auf dem heimischen Wochenmarkt.
Individuelle Beratung
Die Unverpackt Läden bieten jeweils eine sehr individuelle und entspannte Atmosphäre für den Einkauf. Nicht nur, wenn Hilfe bei der Bedienung der Spender nötig ist, kommt man rasch mit den Inhaberinnen oder Mitarbeiterinnen ins Gespräch. Im persönlichen Austausch zeigt sich schnell, wie viel Engagement, Überzeugung und Durchhaltevermögen in den Unverpackt Läden steckt. Denn im Gegensatz zum Discounter werden Kunden hier individuell beraten.
Eigenverantwortung gefragt
Freilich erfordert diese Art, seine Besorgungen zu machen, etwas mehr Planung im Vorfeld und Zeit im Geschäft für das Abfüllen und Wiegen der Verpackungen. Auch ist es nötig, sich durch Kochbücher oder Onlinerecherche ein wenig mehr mit den verschiedenen Lebensmitteln zu beschäftigen, wenn keine Zubereitungshinweise auf der Packung erläutern, wie etwas am besten auf den Teller kommt. Eigenverantwortung ist da gefragt, wo der Umgang mit Lebensmitteln ansonsten durch industrielle Vorgaben geregelt wird.
Mit den Füßen abstimmen
Für viele verbindet sich das Thema des plastikfreien Einkaufs auch mit der Zero-Waste-Bewegung, einer vegetarischen oder veganen Ernährungsweise oder der Nutzung von Foodsharing-Lebensmittelverteilern. Während die kleinen Veränderungen leicht auch im konventionellen Supermarkt umzusetzen sind, etwa die Verwendung waschbarer Stoffnetze für Obst und Gemüse anstatt der dünnen Knotenbeutel, lohnt sich der Einkauf im Unverpackt Laden nicht zuletzt, um als Verbraucher*in bewusst „mit den Füßen abzustimmen“: Unterstütze ich einen Laden, der auf die Herkunft, Saisonalität und Produktionsbedingungen achtet, oder shoppe ich eher in den zunehmend standardisierten Innenstädten mit immer gleichen Filialen der großen Ketten? Der unverpackte Einkauf benötigt mehr Zeit, die man sich in der schönen, klaren und „aufgeräumten“ Umgebung aber auch gerne nimmt, schließlich gilt es viel Neues zu entdecken.
Weiter geht’s in unserer Unverpackt-Mini-Serie ab dem 1.8.2018 mit dem Artikel „Unverpackt in OWL – Die KernIdee Paderborn“. Die Idee vom unverpackten Einkauf in OWL hat Alexandra Feege in ihrem Laden KernIdee in Paderborn konsequent umgesetzt.
Hier finden Sie alle Texte zu unserer Unverpackt-Mini-Serie:
Unverpackt Läden – historische Zustände?
Im Kolonialwarenladen im Lauschhaus, LWL-Freilichtmuseum Detmold, sind die Kund*innen aufgefordert, gut vorbereitet zum Einkauf zu erscheinen. Zucker, Waschpulver und Kaffee-Ersatz sind dort gerade im Sortiment, natürlich (und) unverpackt – Moment, Kaffee-Ersatz? Ja, hier geht es um historische Zustände, die aber noch nicht so lange zurückliegen. Die meisten Besucher*innen nehmen erst einmal eine „Schlickertüte“ mit, schließlich möchten sie beim Museumsrundgang nur einen kleinen Energieschub und nicht den Wocheneinkauf erledigen. Doch gerade Bonbons, Gummibärchen und Bruchschokolade bieten sich auch in modernen Unverpackt Läden als „Einstiegsdrogen“ beim ersten Einkauf an. Denn die Erinnerung aus Kindertagen, als im Kiosk ums Eck die süßen Leckereien noch direkt von der Hand in den Mund wanderten, sind vielen noch gegenwärtig. Inzwischen ist das Konzept der Unverpackt Läden auch in OWL angekommen. Auffallend häufig werden diese Geschäfte von Frauen geführt.
Immer mehr Verpackung
Das Thema Lebensmittelverpackung steht heute im größeren Kontext von Fragen nach endlichen Ressourcen, Nachhaltigkeit, Recycling und Umweltverschmutzung. Während einige die Fastenzeit vor Ostern nutzten, um statt auf Fleisch, Alkohol und Süßigkeiten einmal auf Kunststoff im Alltag zu verzichten, engagieren sich andere bei der Aktion „Plastikfreier Juli“ .
Wieder andere boykottieren den Kauf von Bananen oder Mandarinen im Supermarkt, die – vermeintlich praktisch – bereits geschält, dann aber in reichlich Plastik verpackt wurden. Neben Berichten über riesige, in den Weltmeeren treibende Plastikinseln gibt es Meldungen, dass nun bereits im deutschen Leitungswasser Mikroplastik nachgewiesen werden konnte. Zuletzt ist zwar der Verbrauch von Plastiktüten beim Einkauf von 45 Stück pro Kopf im Jahr 2016 auf 29 Stück im vergangenen Jahr, dank mitdenkender Kunden, zurückgegangen. Dennoch bemerken viele Verbraucher*innen , dass mehr Obst und Gemüse verpackt angeboten wird. Gleichzeitig wird mit aufwendigen Produktverpackungen das Reduzieren des Inhalts verschleiert.
Plastikmüll vermeiden
Einen Gegentrend hierzu setzen die Unverpackt bzw. verpackungsfreien Läden, die ihr Warensortiment lose anbieten. Die Kund*innen können die benötigte Menge in eigene, mitgebrachte oder vor Ort angebotene, mehrfach verwendbare Behältnisse abfüllen. Das Ziel ist, Verpackungs- und besonders Plastikmüll zu vermeiden und außerdem Lebensmittelverschwendung zu umgehen. Denn es wird ausschließlich so viel kauft, wie tatsächlich verbraucht wird. Meist achten die Inhaber*innen zudem auf die Saisonalität und den biologischen Anbau ihrer Waren und kooperieren mit regionalen Lieferant*innen.
Einfach auf den Wochenmarkt
In der Bundesrepublik folgte auf den ersten, 2014 gegründeten Laden in Kiel „Unverpackt – lose, nachhaltig, gut“ dann in Berlin „Original Unverpackt“ als erstes Projekt dieser Art, das sich durch Crowdfunding finanzierte. Inzwischen gibt es in vielen Großstädten diese neuen, inhabergeführten Geschäfte, zudem ziehen bestehende Bio-Supermärkte mit Unverpackt-Regalen nach. Wer sich auf das Abenteuer des unverpackten Einkaufs begibt, wird für einzelne Waren auch andernorts fündig, beispielsweise direkt beim Kaffeeröster, in ethnischen Läden wie dem Asia-Markt, beim türkischen Gemüsehändler oder ganz einfach auf dem heimischen Wochenmarkt.
Individuelle Beratung
Die Unverpackt Läden bieten jeweils eine sehr individuelle und entspannte Atmosphäre für den Einkauf. Nicht nur, wenn Hilfe bei der Bedienung der Spender nötig ist, kommt man rasch mit den Inhaberinnen oder Mitarbeiterinnen ins Gespräch. Im persönlichen Austausch zeigt sich schnell, wie viel Engagement, Überzeugung und Durchhaltevermögen in den Unverpackt Läden steckt. Denn im Gegensatz zum Discounter werden Kunden hier individuell beraten.
Eigenverantwortung gefragt
Freilich erfordert diese Art, seine Besorgungen zu machen, etwas mehr Planung im Vorfeld und Zeit im Geschäft für das Abfüllen und Wiegen der Verpackungen. Auch ist es nötig, sich durch Kochbücher oder Onlinerecherche ein wenig mehr mit den verschiedenen Lebensmitteln zu beschäftigen, wenn keine Zubereitungshinweise auf der Packung erläutern, wie etwas am besten auf den Teller kommt. Eigenverantwortung ist da gefragt, wo der Umgang mit Lebensmitteln ansonsten durch industrielle Vorgaben geregelt wird.
Mit den Füßen abstimmen
Für viele verbindet sich das Thema des plastikfreien Einkaufs auch mit der Zero-Waste-Bewegung, einer vegetarischen oder veganen Ernährungsweise oder der Nutzung von Foodsharing-Lebensmittelverteilern. Während die kleinen Veränderungen leicht auch im konventionellen Supermarkt umzusetzen sind, etwa die Verwendung waschbarer Stoffnetze für Obst und Gemüse anstatt der dünnen Knotenbeutel, lohnt sich der Einkauf im Unverpackt Laden nicht zuletzt, um als Verbraucher*in bewusst „mit den Füßen abzustimmen“: Unterstütze ich einen Laden, der auf die Herkunft, Saisonalität und Produktionsbedingungen achtet, oder shoppe ich eher in den zunehmend standardisierten Innenstädten mit immer gleichen Filialen der großen Ketten? Der unverpackte Einkauf benötigt mehr Zeit, die man sich in der schönen, klaren und „aufgeräumten“ Umgebung aber auch gerne nimmt, schließlich gilt es viel Neues zu entdecken.
Weiter geht’s in unserer Unverpackt-Mini-Serie ab dem 1.8.2018 mit dem Artikel „Unverpackt in OWL – Die KernIdee Paderborn“. Die Idee vom unverpackten Einkauf in OWL hat Alexandra Feege in ihrem Laden KernIdee in Paderborn konsequent umgesetzt.
Hier finden Sie alle Texte zu unserer Unverpackt-Mini-Serie:
„Verpackungsmaterial mitbringen!“ Unverpackt Läden in OWL (1/4)
Unverpackt in OWL – Die KernIdee Paderborn (2/4)
Eine konsequente Verbindung – Unverpackt Bio Hofladen (3/4)
Losgelöst – Unverpackt Bielefeld (4/4)
Foto: Michaela Heinze
Text: Katja Eßer und Michaela Heinze