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WSI zum Entgelttransparenzgesetz: Bisher keine spürbaren Effekte

Was hat sich in den ersten zehn Monaten nach der Einführung des Gesetzes zur Entgelttransparenz getan?

Diese Frage wurde bei der WSI-Betriebsrätebefragung 2018 mehr als 2.200 Betriebsrätinnen und Betriebsräten gestellt. Die Antwort: Das Gesetz entfaltete kaum Wirkung, nur wenige Unternehmen wurden aktiv. Die Ergebnisse – so die Forscher*innen Dr. Helge Baumann, Dr. Christina Klenner und Dr. Tanja Schmidt – seien repräsentativ für Betriebe mit Betriebsrat und mindestens 20 Beschäftigten.
Nach dem seit Mitte 2017 geltenden Gesetz zur Entgelttransparenz ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, Männern und Frauen für gleiche oder gleichwertige Arbeit gleich viel zu zahlen. In Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten gilt seit Anfang 2018 zusätzlich ein „individueller Auskunftsanspruch“. Danach können Beschäftigte verlangen, dass ihnen der Arbeitgeber das durchschnittliche Gehalt der Kolleg*innen des jeweils anderen Geschlechts nennt, die eine vergleichbare Arbeit leisten. Dadurch sollen Ungleichbehandlungen aufgedeckt und beseitigt werden. Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sollen zusätzlich regelmäßig überprüfen, wie es um die Entgeltgleichheit im Unternehmen steht; einige Unternehmen müssen einen Bericht zur Gleichstellung und zur Entgeltgleichheit erstellen.

Wesentliche Ergebnisse der Studie:

In nur 12 Prozent der Betriebe ist die Geschäftsführung von sich aus aktiv geworden. Eine Differenzierung nach Betriebsgrößen zeigt, dass in mittelgroßen Betrieben mit 201 bis 500 Beschäftigten 19 Prozent der Betriebe etwas unternommen haben. Die großen Unternehmen ab 501 Beschäftigten kommen auf 18 Prozent. Unabhängig von der Betriebsgröße sind Unternehmen, in denen Betriebsräte nach eigenem Bekunden ein „sehr gutes Verhältnis zur Geschäftsleitung“ haben, bei der Umsetzung des Gesetzes weiter.

Wie steht es mit dem Auskunftsverlangen der Beschäftigten?

In 13 Prozent der mittelgroßen Betriebe hat sich mindestens eine Person einen bis vier Monate nach Inkrafttreten des Auskunftsanspruchs an den Betriebsrat gewandt, um ihr Gehalt überprüfen zu lassen. Bei den großen Unternehmen haben immerhin 23 Prozent der Beschäftigten von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch gemacht. Offenbar steigt der Anteil der Beschäftigten, die ihr Gehalt überprüfen lassen, deutlich in Betrieben mit vielen Hochqualifizierten. Der Frauenanteil hat dagegen nur eine geringe Bedeutung.

Zur Nutzung betrieblicher Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit:

In den letzten zwei Jahren vor der Befragung, also teilweise bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes, wurden in gut einem Drittel der Betriebe mit Betriebsrat die betrieblichen Entgeltstrukturen auf Ungleichheit überprüft. Betriebe mit einer jungen Belegschaft haben solche Prüfungen überdurchschnittlich oft vorgenommen. Die Prüfungen wurden nur zu rund 10 Prozent mit anerkannten externen Prüfverfahren durchgeführt, darunter am häufigsten mit eg-check.de. In den übrigen Betrieben wurden selbst entwickelte Verfahren zur Entgelttransparenz angewandt, von denen nicht bekannt ist, ob sie den Anforderungen des EntgTranspG entsprechen.

Häufiger wurden die Entgelte in Betrieben, die sich nach Einschätzung der Betriebsräte bemühen, „dass die Mitarbeiter gerne hier arbeiten“, und die bestrebt sind, die „Arbeit menschengerecht zu gestalten“.

Gelten Betriebsvereinbarungen zu Gleichstellung und Antidiskriminierung oder zu Familienfreundlichkeit, geht das ebenfalls mit überdurchschnittlich häufigen Überprüfungen einher. „Das lässt den Schluss zu“, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, „dass Prüfungen eher in gut mitbestimmten Betrieben, die ihre Personalpolitik in starkem Maße auf die Belange der Beschäftigten ausgerichtet haben und so auch Personal anziehen und binden wollen, durchgeführt worden sind“.

Welche Schlussfolgerungen werden aus der Studie gezogen?

Die Forscher*innen erachten es als notwendig, die Prüfung der betrieblichen Gehaltsstrukturen nicht nur zu empfehlen, sondern verpflichtend zu machen. Außerdem sollte der individuelle Auskunftsanspruch vereinfacht werden und auch für Beschäftigte in kleineren Betrieben ermöglicht werden. Für Verstöße gegen die gesetzlichen Verpflichtungen müsse das Gesetz „wirksame Sanktionen“ vorsehen, die es bisher überhaupt nicht gebe.

Weitere Informationen zur Entgeltgleichheit:

Helge Baumann, Christina Klenner, Tanja Schmidt: Entgeltgleichheit von Frauen und Männern. Wie wird das Entgelttransparenzgesetz in Betrieben umgesetzt? Eine Auswertung der WSI-Betriebsrätebefragung 2018 (pdf), WSI-Report Nr. 45, Januar 2019.